„Über Menschen“ von Juli Zeh ist ein fesselnder Roman, der tief in die Komplexität menschlicher Beziehungen und gesellschaftlicher Veränderungen eintaucht. Der Roman spielt in einer zeitgenössischen Epoche, in der die Welt von politischen und sozialen Umbrüchen geprägt ist. Die Hauptfigur, Dora, ist eine Frau aus der Stadt, die sich entscheidet, in ein Dorf in Brandenburg zu ziehen. Dieser Wechsel von einer urbanen zu einer ländlichen Umgebung ist zentral für die Erzählung und bietet eine reiche Kulisse für die Untersuchung von Themen wie Einsamkeit, Gemeinschaft und die Bedeutung von Heimat.
Juli Zeh gelingt es meisterhaft, die inneren Konflikte und die Entwicklung von Dora darzustellen. Die Charakterisierung ist tiefgründig und nuanciert, sodass die Leser*innen eine starke Verbindung zur Hauptfigur aufbauen können. Durch ihre Erfahrungen und Interaktionen im Dorf beginnt Dora, ihre eigenen Vorurteile und Annahmen zu hinterfragen, was zu einer spürbaren persönlichen Entwicklung führt.
Der Schreibstil von Zeh ist flüssig und einnehmend. Ihre Fähigkeit, komplexe Gefühle und Atmosphären mit präzisen Worten zu erfassen, macht das Lesen zu einem Genuss. Besonders beeindruckend ist, wie sie die Landschaft und die Umgebung des Dorfes beschreibt, was dem Leser ein lebhaftes Bild dieser ländlichen Gegend vermittelt.
Thematisch behandelt der Roman wichtige und zeitgemäße Fragen. Er erkundet das Spannungsfeld zwischen städtischem und ländlichem Leben, die Auswirkungen von Globalisierung und Technologie sowie die politischen Spaltungen in der Gesellschaft. Zeh zeigt auf, wie diese Themen das tägliche Leben und die zwischenmenschlichen Beziehungen beeinflussen.
Kritisch betrachtet könnte man sagen, dass der Roman manchmal zu sehr in philosophische und reflexive Passagen abdriftet, was den Erzählfluss hemmt. Einige Leser*innen könnten sich auch eine stärkere Entwicklung bei den Nebencharakteren wünschen, um ein vollständigeres Bild des Dorflebens zu erhalten.
Insgesamt ist „Über Menschen“ ein tiefgründiges und nachdenklich stimmendes Werk, das die Leser*innen dazu anregt, über ihre eigene Position in der Welt und ihre Beziehung zu anderen nachzudenken. Juli Zehs Talent, komplexe Charaktere und Themen mit einer fesselnden Erzählung zu verbinden, macht dieses Buch zu einer empfehlenswerten Lektüre für alle, die sich für zeitgenössische gesellschaftliche Fragestellungen interessieren.